Nach dem Abpfiff des Derbyklassikers gegen die TSG Haßloch herrschte eine fast gespenstische Stille im vollbesetzten TVH Sportzentrum. Auf der Anzeigetafel prangerte ein 18:18 und die 980 Zuschauer standen noch ganz unter dem Einfluss der spannungsgeladenen, nervenaufreibenden 60 Spielminuten. Offenbar wusste keines der Fanlager so recht, was es mit dieser Punkteteilung anfangen sollte – über den gewonnenen Punkt freuen oder doch eher über den verlorenen ärgern?
Es war ein Derby ohne spielerischen Glanz, dafür mit umso mehr Kampf und Leidenschaft. Doch in einem Punkt waren sich alle Anwesenden einig: es war das Spiel zweier überragender Torhüter. Daniel Schlingmann auf Seiten der TSG brachte es am Ende auf 15 Paraden, die wohl wichtigste zwei Minuten vor Spielschluss, als er beim Stande von 17:17 einen Strafwurf von Niklas Schwenzer parierte, der zuvor dreimal sicher von der 7m-Linie getroffen hatte. Nach schwachem Start, in der ersten Viertelstunde bekam er wenig zu fassen, wurde Schlingmann mehr und mehr zu Faktor im Spiel der Gäste. Spätestens als er in der 26. Minute in einem Angriff gleich drei (!) freie Würfe von den Außenpositionen entschärfte, war er voll drin im Spiel und auch drin in den Köpfen der Hochdorfer Angreifer. Sein Gegenüber, Roko Peribonio, war an diesem verrückten Handballabend jedoch nicht minder präsent – im Gegenteil. Er vernagelte phasenweise sein Tor und kam auf 16 Paraden, die sich freilich wie 25 anfühlten, denn es waren reihenweise glasklare Großchancen, die er mit phantastischen Reflexen zunichtemachte, darunter gleich zwei 7m-Würfe im zweiten Spielabschnitt von Djozic und Götz.
Doch der Reihe nach: Nach nervösem Beginn, bei dem der TVH zwei und die TSG sogar fünf Minuten auf ihre ersten Treffer warten mussten, legten die Grün-Weißen bis zum 4:4-Ausgleich durch Florian Kern (10. min.) stets einen Treffer vor. Mit einem 3:0-Lauf (2x Novo, 1x Lenz) setzen sich die Pfalzbiber auf 7:4 ab (14. min.) und behaupteten diese Führung mit dem 7m-Treffer von Schwenzer zum 8:5 (19. min.). Mit zwei Treffern binnen 40 Sekunden stellten die Gäste jedoch den Anschluss her (8:7, 21. min.). Nach gespielten 24:40 Minuten war beim Stande von 10:8 für die Hausherren das Torewerfen in Halbzeit eins vorbei und die letzten fünf Minuten waren ein Vorgeschmack auf das, was den Zuschauern im zweiten Spielabschnitt geboten werden sollte: ein Festival aus technischen Fehlern, Stürmerfouls, überhasteten Abschlüssen und „vogelwildem“ Spiel. Bereits 2 ½ Minuten nach Wiederanpfiff hatte Haßloch den Ausgleich zum 10:10 durch Lars Hannes geschafft. Bis zum 15:15 legte Hochdorf in der Folge stets einen Treffer vor, den die Gäste immer wieder auszugleichen mussten (46 min.). Danach wollte endlos lange sieben Minuten auf keiner Seite mehr ein Tor fallen, eine Phase, in der der TVH gleich zwei Unterzahlsituationen zu überstehen hatte. In der 53. Minute schien das Spiel endgültig zu kippen, Maximilian Zech traf zur ersten Haßlocher Führung überhaupt (15:16) und nach dem zwischenzeitlichen Hochdorfer Ausgleich legte Zech zum 16:17 nach (55. min.). In der hektischen Schlussphase schien sich das Blatt dann plötzlich doch wieder zugunsten der Pfalzbiber zu wenden. Dominik Lenz, der zuvor einige unglückliche Situationen hatte und wiederholt aus dem Rückraum an Schlingmann gescheitert war, war dabei der entscheidende Faktor im Hochdorfer Angriffsspiel: er traf zum 17:17 Ausgleich (56:37 min.), zieht einen Strafwurf, den Schwenzer leider vergibt (58:03 min.) und legt in der Schlussminute den Ball auf außen zum starken Emanuel Novo, der mit seinem fünften Treffer das 18:17 erzielt (59:21 min.). Doch die TSG steckt nicht auf und bekommt 19 Sekunden vor dem Ende einen schmeichelhaften 7m zugesprochen, den Djozic nervenstark gegen Peribonio verwandelt (59:41 min.), nachdem ihm dieser zuvor bereits einen 7m weggenommen hatte (37. min.). 12 Sekunden vor dem Ende nahm Chefcoach Steffen Christmann nochmals ein Team-Time-out, doch seine Schlussansprache brachte nichts ein und der letzte Angriff verpuffte an der massiven Haßlocher Deckung.
Im anschließenden Trainergespräch fiel es beiden Coaches schwer, ein Fazit zu ziehen, angesichts des stellenweisen wilden, umkämpften Hin und Her, dass sie zuvor mit ihren Mannschaften durchleben mussten. Am Ende sind es die unzähligen Kleinigkeiten, die das Spiel in die eine als auch in die andere Richtung hätten kippen lassen können: Haßloch könnte damit hadern, 6-7 Latten- und Pfostentreffer mehr gehabt zu haben, während Hochdorf hingegen mit dem Verhältnis an Zeitstrafen von 10:2 Minuten nicht glücklich sein konnte, usw., usw. …
Am Ende gilt es für beide Teams, den Blick nach vorne zu richten, sich auf die kommenden Aufgaben zu konzentrieren und zu punkten; denn im Tabellenkeller haben beide Mannschaften nichts verloren. Und in der Rückrunde freuen wir uns auf Teil 2 der „Mutter aller Derbys“, denn mit den bis dahin wiedergenesenen Marvin Gerdon und Tim Götz in den Reihen der Pfalzbiber werden wir den Haßlocher Bären einen noch größeren Kampf liefern.